Dass digitales Onboarding in diesem Jahr so extrem an Bedeutung zunehmen wird, hat wohl niemand erwartet. In kürzester Zeit musste für viele Unternehmen der Onboarding-Prozess gänzlich digital umgestellt werden. Damit digitales Onboarding auch erfolgreich umgesetzt werden kann, haben wir uns mit UKG (ehemals PeopleDoc) ausgetauscht. Michael Jetten und Dr. Ralph Köppen haben ein Expertengespräch zum Thema „Neue Ansätze zum Onboarding“ geführt. Nun wollen wir auch hier die im Gespräch angesprochenen Best Practices vorstellen.

Im ersten Teil fassen wir zunächst zusammen, warum gutes digitales Onboarding so entscheidend ist. Außerdem haben wir eine Checkliste zusammengestellt, die die wichtigen prozessualen und technologischen Best-Practices beim digitalen Onboarding nennt. Diese sollen helfen, die Einführung eines neuen Onboarding-Prozesses und einer unterstützenden Software erfolgreich zu gestalten.

Gutes digitales Onboarding erfolgt zunächst immer durch den Blickwinkel der neuen Mitarbeiter. Der gesamte Onboarding-Prozess soll in allen drei Phasen (Pre-boarding, Tag 1 und Onboarding) durch den Blickwinkel des neuen Mitarbeiters definiert werden. Dies kann z.B. in Design Thinking Workshops mit zuletzt neu eingestellten Mitarbeitern erarbeitet werden. Diese haben typischerweise den Onboarding-Prozess im Unternehmen selbst erlebt und können daher direkt Feedback/Ideen abgeben. Innerhalb des Design Workshops ist es wichtig zu erkennen, wo die sogenannten „Moments that matter“ liegen, also Momente, die besonders wichtig für die Employee Experience sind. Hierbei gilt es, diese Momente genau herauszuarbeiten und sich auf diese Punkte zu fokussieren. Gerade wenn das Onboarding nur digital durchgeführt wird, ist es wichtig besonders die Sozialisierung der Mitarbeiter in der Organisation zu unterstützen, da diese grundsätzlich anders aufgebaut werden muss, als wenn sie on-site geschieht. Beispiele hierfür wären Videos des Teams und übriger Kollegen, Online Spiele, Gemeinsame Online Lunches/Dinner oder Virtual Coffee Breaks.

Wenn ein guter digitaler Onboarding-Prozess geschaffen wurde, gelingt es einen zeitnahen und greifbaren Mehrwert durch den neuen Mitarbeiter zu erzeugen. Die Zeit bis zur maximalen Produktivität kann reduziert werden und somit wird das Produktivitätsniveau der gesamten Organisation maximiert. Hierzu zählt auch, dass Fehlzeiten reduziert werden, aber auch leistungsschwache Personen schnell identifiziert werden können, um schnellstmöglich Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Das bedeutet auch, dass Kosten durch fehlgeschlagene Eingliederungen und notwendige Neueinstellungen verhindert werden. Erfolgreiches digitales Onboarding maximiert daher die Effizienz des Prozesses und misst diese auch kontinuierlich anhand verschiedener Kennzahlen (z.B. Fluktuationsrate).

Das Employee Engagement wird ebenfalls nachhaltig durch gutes digitales Onboarding beeinflusst. Der neu Mitarbeitende fühlt sich weniger alleingelassen, da er sich durch den kontinuierlichen Beistand willkommen und auch unterstützt fühlt. Z.B. folgende Wahrnehmungen sollten dabei durch erfolgreiches digitales Onboarding beim neuen Mitarbeiter hervorgerufen werden:

  • „Ich habe eine bedeutsame Rolle und verstehe ihre Verbindung mit dem Rest der Organisation.“
  • „Ich fühle mich sicher und willkommen, meine Talente und meine Persönlichkeit zum maximalen Nutzen der Organisation einzubringen.“
  • „Ich habe digitalen Zugang zu allen notwendigen Ressourcen.“
  • „Ich kann einfach über mobile und digitale Self-Services Formulare, Feedback, Weiterbildungen, Austausch, etc. anstoßen/nutzen.“

Das digitale Onboarding steht nur am Anfangspunkt der gesamten New-joiner bzw. Employee Journey. Es sollte also effizient in den gesamten HR-Betrieb integriert werden, indem es direkt überleitet z.B. in das Leistungsmanagement, Feedback und die Mitarbeiterentwicklung.

Der gesamte Onboarding-Prozess obliegt keiner formalen Timeline, in welcher die Lerninhalte und Integration exakt stattfinden müssen. Es ist aber wichtig, für jeden Mitarbeiter individuell die Dauer des Onboardings, sowie die einzelnen Kontaktpunkte, Lerninhalte und Meilensteine zu definieren und ggfs. zu adaptieren, um eine möglichst hohe Employee Experience zu erzielen.

Eine Übersicht der Best Practices, die bei der Einführung von digitalem Onboarding wichtig sind, kann in der folgenden Checkliste nachgelesen werden:

Checkliste Best Practices für digitales Onboarding

An dieser Stelle sollen nur die folgenden ausgewählten Aspekte etwas detaillierter herausgestellt werden:

P1: Design Thinking

Mit dem Ziel schnelle Kündigungen zu reduzieren (neue Mitarbeiter, die innerhalb von 30 Tagen gekündigt haben) und neue Mitarbeiter schneller einzugliedern wurden bei Genpact Design Thinking Prinzipien angewendet. Daraus ergaben sich verschiedene neue Ansatzpunkte. Zum Beispiel wurde die initiale, taktische Onboardingzeit von acht auf weniger als einer Stunde reduziert und die Dokumentationen wurden deutlich verschlankt. (für Details siehe auch: https://www.apqc.org/resource-library/resource-listing/applying-design-thinking-genpact-case-study)

P6: Staffelung der Informationslieferung

Um eine Informationsüberflutung der neuen Mitarbeiter zu vermeiden, sollte das Tempo der Onboarding Kontakte und Lerninhalte gut durchdacht werden. Das Ziel ist nachhaltigen Wissensaufbau und intensive persönliche Kontakte zu erreichen.

P7: Kognitive Technologien

Eine Kombination von Personas, Geschäftsregeln und kognitiver Technologien kann genutzt werden, um vorherzusagen wann neue Mitarbeiter welches relevante Wissen benötigen und wohin bzw. wie es geliefert werden sollte. Eine antizipatives Wissensmanagementsystem kann neuen Mitarbeitern pro-aktiv mit den situativ relevanten Informationen in ihrem neuen Berufsleben versorgen.

P11: Knowledge Maps

Einsatz von Knowledge Mapping, um Expertenwissen von Kollegen zu erfassen und weniger erfahrenen, neuen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Als Teil dieses Prozesses können Lern-Journale erstellt werden, die es den Führungskräften erleichtern eine Abfolge der Trainingseinheiten festzulegen.

T1: Intuitive Nutzung ohne Trainingsbedarf

Die Mehrheit der Mitarbeiter nutzt auch im privaten Umfeld entsprechende Technologien und Plattformen, weshalb die Onboarding Plattform ähnlich einfach zu bedienen sein sollte.

T6: Pro-aktive Compliance & Personalisierungsfähigkeiten

Die Mitarbeiter der HR-Abteilungen werden (z.B. über rollenbasierte Zugriffe und Inhalte) in die Lage versetzt, ein globales und proaktives Management über die Onboarding Plattform zu gestalten. Konfigurationen in der Software (z.B. für Workflows) können ohne externe Hilfe oder Unterstützung selbst von den Mitarbeitern des HR-Bereichs oder der Führungskraft eingepflegt werden.

Um noch ausführlichere Informationen über „Neue Ansätze zum Onboarding“ zu erhalten, können Sie sich auch gerne die gesamte Aufzeichnung unseres HR-Expertengespräch vom 27.10.2020 ansehen. Die Aufzeichnung finden Sie unter folgendem Link: https://www.binder-consulting.de/de/peopledoc#bc-getinsights